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Maltesische Jagderlebnisse

Wir hatten eine Verabredung getroffen. Mein guter Freund und Jagdkamerad Charles hatte mich am Abend angerufen und auf die guten Wetterbedingungen für eine Nachtjagd hingewiesen. Ein bedeckter Himmel und eine gute Brise, möglichst aus Norden, sind ideal. Das ‘Fenek’ (Kaninchen) hat ein exzellentes Sehvermögen, kombiniert mit einem optimalen Geruchssinn und Gehör. Eine dunkle, windige Nacht erhöht bis zu einem gewissen Grad die Chance des Kelb tal-Fenek, seiner Beute habhaft zu werden. Auf der anderen Seite erlaubt eine mondhelle Nacht dem ‘Fenek’, seinen Verfolger bereits frühzeitig wahrzunehmen und gibt ihm die Chance, frühzeitig die Flucht zu ergreifen, bevor der Hund Sicht- oder Witterungskontakt aufgenommen hat. Wenn der Hund gegen den Wind arbeitet, hat er den Vorteil, seine Beute frühzeitig wittern zu können, und dies, ohne dass das Kaninchen darauf aufmerksam wird, dass ihm der Hund auf der Spur ist.

Wir fütterten die Hunde nicht an diesem Abend, um sie möglichst leicht zu halten, in Anbetracht der zu erwartenden langen Jagd. Alle notwendigen Vorbereitungen wurden getroffen - das ‘Nemes’ (Frettchen) wurde vorsichtig in seine ‘Garzella’ gesetzt - ein runder Korb, handgemacht aus heimischem Weidenholz. Mit langen Stoffstreifen wird der Korb über die Schulter gehängt. Die ‘Xbiek’ - starke Netze verschiedener Grösse - wurden in einem Sack verstaut. Ein starker Wanderstab, ‘Bastun’ genannt, fand ebenfalls seinen Platz im Wagen - ein überaus nützliches Utensil, wenn man sich bei völliger Dunkelheit in dem rauhen Gelände unserer Inseln bewegen muss. Last, but not least, durften natürlich auch die Hunde in den Wagen springen. Endlich - alles bereit. Ein kurzer Rundblick, ob auch nichts liegengeblieben war, und schon ging es los zu unserem verabredeten Treffpunkt.

Charles wartete schon. Ein Blick in sein Gesicht sagte mir, dass er gerade erst eingetroffen war und noch nicht lange wartete. Wir flüsterten ein rasches ‘Hallo’, und ohne ungebührende Wartezeit liessen wir die Hunde los. Sie waren sofort auf und davon in alle Richtungen - alle sechs. Mit dem ‘Bastun’ in der Hand, die ‘Garzella’ über die eine Schulter gehängt, den ‘Xkora’ (Sack) über die andere, kletterten wir über Buschwerk, Felsen, Steine und gelegentlich über einen losen Steinwall. Ein Sturz ist hierbei nicht selten. Wir legten etwa fünfzig Meter zurück, dabei immer sorgfältig auf die Geräusche der Nacht achtend.

Suche in der Dunkelheit

Mitunter wehte der Wind das Hecheln eines Hundes heran. Dann konnten wir nur vermuten - war es ‘Chuck’, oder vielleicht ‘Brownie’, oder aber ‘Ram’? Unser sechster Sinn sagte uns, dass die Hunde irgendwo in der Nähe sein mussten - vielleicht fünfhundert Meter von uns entfernt. Wie üblich war ich nervös - nein, beunruhigt ist das richtige Wort - einen flüchtigen Blick meiner Hunde zu erhaschen, am Ende könnten wir sie vielleicht verlieren. Charles lachte! ‘Wie könnten Deine Hunde Dich verlieren?!’ rief er. ‘Sie folgen unserer Geruchsspur, und finden uns auf diese Weise stets wieder!’ Immer und immer wieder hatte sich bewiesen, dass er recht hatte. Und doch - obwohl die Hunde in stündlichen Intervallen zu uns kamen, ganz so als ob sie uns sagen wollten ‘Seht, wir sind da! Alles ist in Ordnung mit uns!’ war ich beunruhigt - immer eine Stunde lang, und dann wieder, sobald die Hunde ins dunkle Gelände davonschossen. Stets mache ich mir Gedanken über die Gefahren eines Zusammentreffens mit anderen Jägern und über die unangenehmen Vorfälle, die sich aus solchen Begegnungen schon ergeben haben. Und ich bin stets überrascht über die unglaubliche Geschwindigkeit, welche die Hunde in dem hiesigen Gelände trotz der nächtlichen Dunkelheit erreichen. Aber Charles ist immer da, um mich zu beruhigen: ‘Sie sind in der Lage, in völliger Dunkelheit zu sehen’ sagt er. Ich weiss es, aber bin trotzdem unruhig! Es ist selten, dass sich ein Hund verletzt, dennoch könnte es einmal geschehen.

Wir wanderten weitere hundert Meter oder so, dabei mit Hilfe unseres Wanderstabes sorgfältig einen Schritt vor den anderen setzend. Die Hunde waren immer noch in Hörreichweite. Wir hielten inne und horchten, wie die Hunde ihre ruhelose Suche nach Beute fortsetzten.

Anders als reine Windhunde jagt der Kelb tal-Fenek nicht nur auf Sicht. Er setzt auch seinen exzellent entwickelten Geruchssinn und sein feines Gehör ein, um seine Beute aufzuspüren.

Die ‘Kurriera’

Da - plötzlich hörten wir den Laut, auf den wir so lange gewartet hatten. Ein schreiendes Bellen von der Art, die man hier als ‘Kurriera’ bezeichnet und das so typisch für die Rasse ist. ‘Es ist Brownie!’ rief Charles. ‘Ich erkenne ihr Bellen’. Wir folgten der ‘Kurriera’, die rasch von einer weiteren ergänzt wurde, dann von einer dritten. Drei Hunde waren hinter dem Kaninchen her. Die ‘Kurriera’ näherte sich. Etwa fünfzig Meter vor unserem Standort änderte sich das Geräusch plötzlich zu definitivem Gebell. Erwartungsvoll rannten wir zum Ort des Geschehens. Unsere Augen hatten sich an die Dunkelheit gewöhnt, dennoch mussten wir unsere Schritte sehr vorsichtig wählen. Als wir ankamen, fanden wir alle sechs Hunde vor. Sie waren damit beschäftigt, konstant einen Steinwall anzubellen. Alle Hunde mit Ausnahme von zweien wurden angeleint. Dann machten wir uns an die Arbeit. Das Netz wurde aus dem Sack gefischt und so sorgfältig ausgebreitet, dass es eine möglichst grosse Fläche des Steinwalls abdeckte. Es wurde mit Hilfe von grossen Steinen und Geröll fixiert. Charles zog sich ein Paar Lederhandschuhe an und holte vorsichtig das ‘Nemes’ aus dem Korb. Das Frettchen erhielt eine ‘Gongoll’ (eine kleine Glocke, ähnlich wie sie von Hauskatzen getragen wird) um den Hals gehängt und wurde in ein Loch gesetzt, welches die Hunde anzeigten. Nun hatten wir uns auf ein Geduldsspiel einzurichten. Beide Hunde waren aufmerksam und folgten dem Geläut der Glocke auf seinem Weg durch die Steine. Dann hörten wir einen Aufschlag, gefolgt von einem kurzen Quieken. Plötzlich schoss ein Kaninchen hervor, direkt in das sorgfältig plazierte Netz. Ihm direkt auf den Fersen war das Frettchen, doch die Hunde waren schneller! Sie stürzten sich wie ein Blitz auf das Kaninchen und töteten es durch das Netz hindurch. Wir nahmen das Kaninchen fort von den Hunden und packten es in den Sack. Das Frettchen liess sich einfach einfangen und nahm wieder in seinem Korb Platz. Wir gaben uns Mühe, das Netz nicht zu beschädigen, während wir es zusammenfalteten, um es in den Sack zurückzulegen. Die anderen Hunde wurden nun ebenfalls wieder von der Leine gelassen. Uns war klar, dass das Gebell alle Kaninchen alarmiert hatte und dass es eine gute halbe Stunde dauern würde, bis sie wieder Vertrauen fassen und ihre Verstecke verlassen würden, um am Gras zu knabbern.

Felsspalten

Wir wanderten eine weitere halbe Stunde zu einem Platz, der uns gut vertraut war. Die Hunde arbeiteten wieder hervorragend mit ihrer Nase am Boden, wobei sie grosse Flächen in beachtlicher Geschwindigkeit durcharbeiteten. Wir näherten uns langsam einem ‘Halq’ - einer grossen Felsspalte im Boden, die sich über etliche Meter erstreckt. Wir wussten, dass diese Gegend voll mit Kaninchen ist. Rasch machten wir uns an die Arbeit. Wir plazierten das Netz entlang der Spalte und befestigten es mit Steinen und Felsbrocken. Dabei achteten wir darauf, es ein wenig locker durchhängen zu lassen und es nicht zu straff zu spannen. Diese Arbeit nahm etwa fünfzehn Minuten in Anspruch, während derer die Hunde in der Nähe stöberten. Wir entschieden uns, eine kleine Verschnaufpause einzulegen. Während wir die Feinheiten des Netzauslegens diskutierten, hörten wir plötzlich eine ‘Kurriera’ in der Entfernung. ‘Sie haben wieder eines gefunden!’ rief ich. Wir erstarrten und versuchten eins mit dem Fels zu werden. ‘Noch eine Kurriera!’ schrie ich, als ich einen weiteren Jagdlaut aus einer anderen Richtung hörte. Beide näherten sich, und zwar schnell. Wir hatten vier Hunde hinter einem Kaninchen und zwei hinter einem anderen. Doch plötzlich, so rasch wie es begonnen hatte, war es wieder zu Ende. Vielleicht hatten die Hunde das Kaninchen verloren. Dies geschieht tatsächlich manchmal, vor allen Dingen bei erfahrenen Kaninchen. Durch die Verwendung zahlreicher Taktiken und Tricks, wie z.B. enges Hakenschlagen, Zurücklaufen, Flüchten in dickes Busch- oder Baumwerk und plötzliches Hervorschiessen, plötzliches Stoppen usw. ist ein Kaninchen oft erfolgreich darin, seine Verfolger abzuhängen.

Doch eine Kurriera war immer noch zu hören, und sie näherte sich sehr rasch. Wir wußten, dass das Kaninchen in Richtung der Felsspalte rennen würde - daher das Netz. Zu unserer Enttäuschung stoppte diese Kurriera ebenfalls. ‘Was! Noch eins verloren?’ schrie Charles. ‘Sieht so aus’ antwortete ich. Wie freudig überrascht waren wir, als Ram auf uns zukam, schwanzwedelnd, und uns stolz seine erlegte Beute präsentierte. Das Auslegen des Netzes war vergebliche Mühe gewesen. Dennoch waren wir hocherfreut, dass die Hunde ihre Beute im Lauf erwischt hatten. Vorsichtig packten wir das Netz ein und machten uns wieder auf den Weg.

Ix-Xaghara

Es war bereits drei Uhr morgens vorüber, doch wir beschlossen, unser Glück noch an einer anderen Stelle zu versuchen. Wir wollten zu einem Platz, den man ‘Ix-Xaghara’ nennt. Dies ist ein Stück Land voller kantiger Steine und mit spärlicher Vegetation. Man kann sich nur schwer vorstellen, dass andere Windhunde in dieser Art Gelände zurechtkämen, vor allem, wenn sie in voller Geschwindigkeit und wilder Jagd einer Beute hinterherstürmen. ‘Andere Windhunde würden sich hier die Beine brechen’. Charles nickte zustimmend. Wir wanderten eine Meile oder so. Die Hunde arbeiteten hart, doch ohne Erfolg. Die Zeit war nicht auf unserer Seite, und ein Lichtschimmer brach sich Bahn durch den dunklen Himmel. Wir beschlossen, es für heute (d.h. für die heutige Nacht) genug sein zu lassen. Schliesslich war es im grossen und ganzen keine schlechte Jagd gewesen.

Auf dem Weg zurück zu den Wagen, die inzwischen eine gute Strecke entfernt waren, hatten wir das Glück, eine weitere ‘Kurriera’ zu hören. Die Hunde hören nie auf zu arbeiten. Dann wandelte sich die ‘Kurriera’ in heftiges Gebell. Wir rannten darauf zu. Das zunehmende Licht erleichterte es uns, unseren Weg zu finden. Wir fanden unsere Hunde vor, wie sie einen grossen Steinhaufen beschnüffelten. ‘Dies muss eine eingestürzte ‘Girna’ sein’, bemerkte ich. Eine ‘Girna’ ist eine Steinhütte, wie sie in vergangenen Tagen von unseren Vorvätern gebaut wurde, um ihre Werkzeuge für die Landarbeit wegzuschliessen. ‘Wir haben nicht mehr genug Zeit, um das Netz zu verlegen’ sagte Charles. Ich stimmte ihm zu. Charles setzte das Frettchen in einen der vielen Eingänge. Alle Hunde erstarrten und lauschten auf das Geläut der Glocke des Frettchens. ‘Die Hunde werden sich sofort auf das Kaninchen stürzen, wenn es hervorschiesst’ sagte Charles. Ich nickte. Dem armen Ding blieb kein Weg zur Flucht. Alle sechs Hunde waren wie gespannte Federn, bereit, auf alles zu springen, das es wagen sollte, sich zu bewegen. Wie Zuschauer bei einem interessanten Tennisturnier bewegten die Hunde ihre Köpfe synchron hin und her, offensichtlich gespannt und sorgfältig die Geräusche aus der Tiefe verfolgend. Aber nichts geschah. Das Geläut der Glocke erstarb. Die Hunde verloren ihr Interesse. Es war uns nur zu klar, was geschehen war. Das Frettchen hatte das Kaninchen, das offensichtlich keinen Ausweg aus dem Steinhaufen hatte, erbeutet und getötet. Wir wussten nur zu gut, dass es jetzt die Leber des Kaninchens fressen und dann einschlafen würde. Uns blieb keine Wahl, als das Geröll beiseite zu räumen, um an das tote Kaninchen und das schlummernde Frettchen zu gelangen. Die Zeit drängte. Die Nacht war dem Tageslicht gewichen. Wir arbeiteten hart, und nach eine halben Stunde Plackerei fanden wir das Frettchen und konnten das angeknabberte Kaninchen in unseren Sack stecken.

Wir nahmen den Rückweg zu den Wagen auf. Als wir endlich ankamen, sträubten sich die Hunde, einzusteigen. Sie scheinen nie genug zu bekommen, sogar nach vielen Stunden der Jagd. Es war eine gute Nachtjagd gewesen, doch wir beide waren ungeduldig, nach Hause zu kommen. Eine Dusche und dann rasch auf den Weg zur Arbeit. ‘Wir werden zurückkommen’ dachte ich, ‘vielleicht schon heute Nacht!’

Peter Gatt